Dienstag, 25. Juni 2013

Mediale Echtzeit, Kap. I, 1

Deutsche TV Unterhaltung, schön abgehangen, am Stück,

Abends gegen Achte sind wichtige Termine einzuhalten, Denn bereits die Großeltern schauten immer pünktlich die Tagesschau um Acht. Dort wurde einem die Weltlage erklärt, aber nur in kleinen Häppchen und betont amüsant oder bisweilen auch ernsthaft vorbildlich und starr haltend wie beängstigend- gravitätisch. Es wurde dort berichtet, wenn etwa eine wichtige Politikerpersönlichkeit verstorben war.´“Konrad Adenauer ist heute gestorben“

Doch echte lebendige Hintergründe wurden, damals wie heute, nicht oder kaum erörtert. Die Fachsprache blieb diffus bis mysteriös, Reporter und Politiker schienen sich trotzdem irgendwie zu verstehen, aber für Zuhörer blieb die Sachlage meist völlig unklar und wiederholt wurde davon kaum etwas, oder erklärt und erläutert.

Es wurde schnell und zackig gesprochen und dabei vom Blatt abgelesen.
Am nächsten Abend konnte man/frau/mensch /subjekt sich fragen, ob man schon, noch oder überhaupt irgendetwas verstanden hatte, doch für die Reporter und Ansager blieb es das Gleiche. Sie verkündten weiter tapfer und deklamierten, prognostizierten, mit von ihnen als wichtig eingeblendeten Kommentaren der Experten unterbrochen, um danach Politiker oder andere Prominente zu ihrer Meinung zum Zeitgeschehen zu befragen. Etwas das wiederum kurz bis kaum kommentiert wurde und dann ging es zurück in das Sendestudio, es folgte zur Beruhigung und Ablenkung, die Wetterkarte.

Bis heute (05.2013) hat sich daran an dieser mystifizierenden Vorgehensweise, kaum etwas geändert. Das wichtige Nachrichten Magazin, das das Tagesgeschehen erklären soll, ist weit in den Abend vorgerückt, auf den „Sendeplatz“ um 21.45 h oder noch später. Die Studiodekorationen wurden nach und nach dem ästhetischen, aber recht retrograden, retardierten, ängstlich konservativen, deutschen Zeitgeschmack angepasst, noch etwas verhaltener als anderswo im Westen.
Und das nennt sich dazu noch betont „konservativ“. Wenn auch anderswo zu anderen Sendeterminen, ebensolche, ähnlich verstaubten Trailer, die oft seit 25 Jahren oder mehr unverändert beibehalten wurden und auf das Publikum herabrieseln dürfen, mit ähnlich betagter Titelmusik erscheinen und man/frau sich doch fragt, ob und warum keine neuen, aktuelleren Vertonungen eingespielt werden dürfen? Und man traut sich daher auch kaum zu denken oder  zu fragen, "Warum" - warum an der Optik nichts verändert werden darf, vor was diese Leute, die das entscheiden könnten, so fürchterliche Angst haben? Hat der allseitige gepriesene, angeblich edle und wichtige Sparzwang vor dem Hintergrund kleinlaut verschwiegener, enorm gesteigerter Industrieprofite, auch diese Bereiche so „schwer“ getroffen, in der reichsten Volkswirtschaft Europas, einer Nation von der schon „Macher“ von Helmut Schmidt, damals 1976 kündete:

"Die Bundesrepublik ist eine völlig intakte Firma: wir sind eine der allergesündesten Unternehmungen, die an der Weltwirtschaft beteiligt sind."
 
Und wenn man/frau/mensch/subjekt dann versehentlich die Nachrichten von vor 25 Jahren anhört und ansieht, bemerkt man fast oder kaum, selbst im TV einen Unterschied im Vortrag und Duktus, inhaltlich nur spärlich einen Unterschied. Dies wurde sogar einmal vom ernsthaften Kabarettisten Pispers spöttelnd angemerkt.

Lange und langweilige Sendungen wurden also unverändert durchgehalten und zumeist die ödesten davon, bis zum bitteren Ende gezerrt. Der gealterte "Laus-Bub“ Thomas Gottschalk darf 30 Jahre eine anfangs sicher spassige, jedoch schnell langweilige, langatmige, dann immer weiter verkommene „Samstags-Abend -Unterhaltung“ völlig arglos moderieren, ohne den geringsten kritischen Verstand, dessen Abwesenheit er sich zuerst indirekt und später auch offen rühmte. Und später, danach gab man sich „offiziell“ höchst verwundert und pikiert, das er sich kaum über die Runden einer kleinen, gemütlichen Talk-Show mit etwas Substanz rettete, hatte man ihn so sehr missverstanden, all die Jahre vorher?

Ist das so üblich, in einem Land in dem nur „Leistung“ und effiziente Mitarbeit und das Festhalten an überkommenen, steif beibehaltenen, zwanghaft weiter beförderten, ausweglosen Ritualen wirklich für bare Münze „zählt“? Und vor allem zählt dabei auch und vor allem nur das Geld, was man dabei verschmitzt verdienen kann und mit dem man großspurig und kleinlaut, gönnerhaft wie der „liebe Onkel“ jongliert.
So wie es Harald Schmidt immer wieder gerne und überaus listig vorführte. Wenn er etwa Zuschauern im Studio, die irgendetwas Belangloses „richtig“ beantworten hatten, gönnerhaft aus der Hosentasche heraus, 100 oder 200 Mark spendierte, „da nimm es du Looser“ oder wenn er verschmitzt lächelnd, sich eine Flasche „Chateau Mouton Rothschild“ besorgt hatte (auf Firmenkosten sicher, steuerlich absetzbar, die Mehrwertsteuer durfte er dabei einbehalten und anderswo geltend zu machen, worauf er als schwäbischer Geschäftsmann und KirchenOrgelspieler sicher nicht verzichten wollte, ..)
Und dann noch später, nach der Werbepause, wie er sich vor laufender Kamera ein Glas davon genüsslich einschenkte, um uns zu beweisen, das dieser Wein und überhaupt Wein trinken heute nichts besonderes mehr sei, für ihn zumindest, den Kenner und strategischen Nutznießer eigener, gesicherter Produktionen mit Festplatz im Programmschema.
Oder wie er irgendwann danach, mit seinem Jaguar unter irgendeinem billigen Vorwand ins Studio gefahren kam und sich darauf von seinem Co-Partner (Oliver Pocher damals) aus dem Studio chauffieren ließ und von der Rückbank dem Publikum huldvoll zulächelte. Da seht her, ihr habt das alles bezahlt, das Geld habe ich sicher in allerlei Statusinsignien angelegt, …!

Gottschalk verließ sein „Supershow“ kurz bevor sie implodieren musste und sein Nachfolger sollte dann die Scherben zusammen kehren, immerhin hat man ihn sicher fürstlich bezahlt, um diese riskante, daher nicht bei vielen beliebte Dauer-Nummer zu übernehmen. Aber da nur Geld allein wirklich zählt in diesem Land, Kultur ist ein Fremdwort und wird zumeist ignoriert, sind Anstand und Dezenz ebenso Fremdworte und man nimmt das Geld einfach mit, das was andere Sendeanstalten und hoch öffentlich subventionierte Anstalten so großzügig zum Fenster heraus befördert haben.

Deutsche Fernsehshows haben inzwischen ein Verfallsdatum, das sich rapide beschleunigt hat, so das man/frau/mensch heute schon, nur ein paar Tagen nach Sendetermin, ein komisches Gefühl bekommt (oder schon während der Sendung), diese ansieht als seien sie bereits ein Relikt, aus weit entfernten, vergangenen Zeiten, aus einer Epoche in der alle noch ernsthaft an etwas glaubten, ...wie lange gab es sie, die riskante und gewagte Fernsehshow „Wünsch Dir Was“ mit Vivi Bach und Dietmar Schönherr, dem einzigen deutsch-sprachigen SF Kommandanten?

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